Rückblick’23

Mit diesem Beitrag möchte ich Einblicke in die erste Ausgabe des Hackenpedder’s geben: u.a. Zitate von Teilnehmenden, Foto-Checkpoints und Finisher-Ergebnisse.

Tag #1 (Start: KM 0)

Bikepacking zwischen den Meeren bedeutet auch einen Wechsel zwischen Sonne und Regen: 26 Gleichgesinnte traten am 22. Juli 2023 in Kiel an, um die Hackenpedder Route quer durch Schleswig-Holstein auf zwei Rädern in Angriff zu nehmen. Das Feld der Teilnehmenden reichte von Göteborg bis ins Allgäu, auch wenn die meisten naturgemäß aus der norddeutschen Region kamen. Nach einer kurzen herzlichen Ansprache des Scouts Nils Thomsen ging es pünktlich um 10 Uhr los – abgesehen von Finn (Podcast), der erstmal sein Schaltwerk reparieren musste.

Das Roadbook zur Route von 2023 findet ihr hier.

Die Route führte zunächst über die drei höchsten Erhebungen von Schleswig-Holstein mit einem Abstecher an die Steilküste Hochwacht und später zum ersten Foto-Checkpoint (CP1) bei KM 110 an der Küste bei Grömitz. Dort hatten die Teilnehmenden bereits über 1.000 Höhenmeter in den Beinen – nicht übel für das von außen oft als „flach“ angesehene Schleswig-Holstein!

Eugen: “Teilweise Single Trails und sehr gravelig. Das Navi hat mehrfach den Unfall-Alarm ausgelöst, obwohl ich noch im Sattel war und beide Hände am Lenker hatte.”

Über den Tag gab es leichte Schauer, sodass Klamotten hin und her gewechselt wurden. Der Wetterbericht hatte es angekündigt und nicht lange vor Mitternacht walzte sich über uns eine 24-stündige Regenfront übers Land.

Mehr im Podcast von @biketourglobal

Die ersten Fahrer waren bereits gegen 22:00 Uhr in Lübeck (KM 220). Andere suchten ihren Schlafplatz zwischen Grömitz und Plön, so trafen sich manche am Wildes-SH-Platz in Kasseedorf

Einige mussten allerdings aussteigen: Der Regen hatte den Navi zerstört, ein Sturz auf das Knie, eine Platten-Serie bei Dunkelheit und Regen war nicht zu reparieren und führte zur Notübernachtung in einer Bushaltestelle.

1058 KM570 KM📸 Foto-Checkpoints
113113CP1 Ostseeküste: Kellenhusen
230230CP2 Lübeck: Holstentor
316316CP3 Gedenkstätte: M. Gartenschläger / Todesstreifen
520CP4 Binnen Düne Nordoe
642CP5 Friedrichstadt
805CP6 Grenzbrücke DK/DE
1001513CP7/CP4 Aukrug: Boxberg (77m)
1058567CP8/CP5 Kieler Hafen
Hier haben die Teilnehmenden Fotos gemacht und und der WhatsApp Gruppe geteilt

Tag #2 (Regen und Regen: KM 100-240)

Der Dauerregen am Sonntag, dem zweiten Routentag, brachte viele technische Probleme: auffällig viele Tubeless-Platten und durchgeschliffene Bremsen. Die nasskalten Bedingungen forderten insgesamt zwölf Opfer (Aussteigende) ein, sodass noch 14 auf der Strecke waren.
Der Eine oder die Andere saßen das Wetter sogar im Zelt aus oder entschieden sich für eine heimliche Abkürzung zur gebuchten Unterkunft in Lassahn. Eine schlaue Strategie, um wieder trocken zu werden und vor allem, um dabei zu bleiben.

Von Lübeck aus ginge es in den wildesten Abschnitt der Gesamtroute, entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze bis nach Lauenburg. Geprägt von viel Sand, dichten Wäldern und wundervollen Badeseen, für die sich bei 17° und Regen jedoch niemand interessierte.

Jan und Philipp vom Suicycle-Team schien das Wetter nicht aufhalten zu können. Auf dem sogenannten SHORTCUT im absoluten Baller-Modus starteten sie früh, um die übrigen 320 Kilometer anzugehen. Jan musste bei Bröthen aussteigen, so fuhr Philipp alleine weiter und erreichte Kiel um 1:00 Uhr nachts nach nur 39 Stunden und 570 KM. Respekt! (Alle Ergebnisse unten)

Felix Tipp bei Regen: “Einfach weitertreten! Ich war allerdings froh, dass ich die Überschuhe mitgenommen habe.”

Spätestens am Sonntagabend nahmen sich viele eine überdachte Unterkunft, um ihre Sachen zu trocknen und selbst etwas warm zu bleiben.

Tag #3 (Zeltstangen: KM 200-400)

Typisch nordisch startete Montag der dritte Tag. Im Grunde warm, teilweise sonnig mit Wolkenmix, aber „ge-highlighted“ durch überraschende Regengüsse. Während die engagierten Ultra-Fahrer bei KM 600 bereits Husum anvisierten, hielt sich das entspannte Fahrerinnen-Feld bei KM 300 an der Elbe auf.
Sirid verschnaufte kurz ihren ersten 100er in der Warteschlange der Post von Lübek, um ihr Zelt nach Hause zu schicken, da die verlorenen Zeltstangen das Ganze nutzlos machten. Also schnell einen Biwak-Sack gekauft und direkt weiter Richtung Elbe.

Von Lauenburg bis zum Segeberger Forst ist die Route von Wald und Heidelandschaft geprägt. So richtig ändert sich die Landschaft ab KM 550 am tiefsten Punkt Deutschlands. Während es von Kiel bis zum Segeberger Forst viel hoch und runter geht, rollt es nun über lange asphaltierte oder doppelspurige Wirtschaftswege. Es wird flacher, die Windmühlen, Deiche und Schafe bestimmen das landschaftliche Bild bis Dänemark.

Bei der Suche nach neuen Bremsbelägen entschied sich Simon, in Lüneburg auszusteigen. Fabian, der mit Felix unterwegs war, hatte mit seinem kaputten Umwerfer sein Knie zu sehr beansprucht – ebenfalls Abbruch!
Mittags trafen wir Niklas bei KM 410 in Ahrensburg während seines Verpflegungs-Stopps. Hin und wieder fragte er sich schon, wieso sind manche Wege so mies! Trotzdem ließ er das große Ziel, die 1.058-Kilometer-Route nicht aus den Augen.
Finn beendete den Montag bei KM 630, um in Drage seine Hängematte im Obstgarten des privat geführten Wildes-SH-Platzes aufzuhängen, während Hilmar und Felix weiter in die Nacht fuhren.

Felix: “Den Abschnitt ab Husum im Sonnenuntergang zu fahren, war besonders. Ich Hatte gar nicht mehr auf dem Schirm, dass es im Norden so lange hell sein kann.”

Gegen Mitternacht traf Felix in einer Bushaltestelle auf Eugen, der sein Glück kaum fassen konnte, nachdem sein Handy am zweiten Tag den Geist aufgegeben hatte. Eugen jedoch – die Beine und das Mindset des 62-Jährigen aus dem Allgäu topfit – hatte nicht aufgegeben.

Am Nord-Ostsee-Kanal ©Johann

Eugen bei ca. KM 700: „Einmal habe ich auf der Route in einem Heidemoor einen wunderbaren Rastplatz für Wanderer entdeckt, Abends 21:30 Uhr. Links ein See, rechts ein See. Die Grillen zirpen, Vögel singen. Ein absoluter Traum! Also habe ich den Tisch, der aus Holzriemen bestand, natürlich nicht wasserdicht, mit einer Rettungsdecke abgedichtet. Isomatte und Schlafsack unter den Tisch gelegt und mich zum Ruhen ausgestreckt. Nach nur zwei Minuten war klar: Eine Billion Ameisen, denen es dort genauso gut gefiel. Also alles wieder abgebaut … raus aus der Heide. Jetzt besser auf mein Glück verlassen. Ich fand eine ideale Bushaltestelle außerhalb, an einer kaum befahrenen Straße. Nach etwa einer Stunde Schlaf, eine Stimme aus dem Dunkel: Eugen? Nicht zu fassen: Kurz vor der dänischen Grenze nachts um 24 Uhr stand auch Felix. Er hatte sich dieselbe Haltestelle ausgesucht und wir hatten sogar beide bequem Platz darin.“

Tag #4 (Checkpoint KM 300-700)

Am Dienstag stellte sich Nils mit seinem Wohnmobil an die Route im Segeberger Forst direkt an den Trekking-Platz der Stiftung Naturschutz, um die Fahrer*innen weiter hinten im Feld zu überraschen. Kekse, Kaffee, 0,0 Bier sowie gern gesehenes Wasser. Insa, Daniel, Moritz, Sirid und Steffi kamen bei Sonnenschein glücklich durch den Wald. Alle rasteten eine Weile, in der Nils interessante Hinweise und Anregungen für eventuelle Checkpoints bei der 2. Ausgabe 2024 aufgabelte. 

Während Insa und Moritz den Shortcut noch am Dienstag zu Ende brachten, baute Daniel sein Zelt ein letztes Mal auf. Steffi und Sirid fuhren gemeinsam weiter, um in Bad Bramstedt am Kanurastplatz Ruhe zu finden, allerdings neben einer Horde Jugendlicher. 

Oben im Norden quälten sich Hilmar, Eugen und Felix durch den dänischen Dschungel. Dort, bei ca. KM 780, bietet die Route viele urige Single Trails, ein paar Dünen und gut fahrbare Schotterwege im Wald, aber scheinbar auch einige Hindernisse. So musste Felix wegen eines defekten Freilaufes aussteigen, Eugen stoppten diverse technische Probleme und Hilmar verabschiedete sich aus zeitlichen Gründen.

Von Eugen hörte ich im Nachhinein: “Nach der dänischen Misere bin ich tiefenentspannt, landschaftlich schön an der Küste entlang zurück nach Kiel. Wunderbar! Es war einfach immer wieder diese Trail Magic. Ich habe mich ohne Handy viel auf mein Glück verlassen und konnte das auch!

Finn fluchte zwar über den dänischen Teil, hatte aber ein klares Ziel vor Augen, soweit kommen wie möglich und so fand der seinen Schlafplatz in der Nähe von Husby bei KM 820 am Wildes-SH-Trekkingplatz.

Finn: Schlaf-Set-Up im Obstgarten von Drage beim Trekkingplatz Wildes-SH

Tag #5 (Dänemark KM 500-800)

Steffi: “An’s Aufhören habe ich nie gedacht, eher hatte ich Angst, dass ich aufhören muss, wegen meiner Bremsen. Ein Glück lag Böttcher Rad quasi direkt an der Route bei KM 600, und hat mir tatkräftig geholfen.”

Von Flensburg nach Kiel sind es ca. 250 Kilometer, anfangs streift die Route die Ostsee und nach Kappeln geht es auf Single Trails entlang der Schlei, dem größten Fjord Deutschlands. Danach kommen die Hüttener Berge mit knackigen Anstiegen, gefolgt vom historischen, sandigen Ochsenweg. Eine kurze Verschnaufpause am Kanal in Rendsburg und ein paar frisch asphaltierte Wirtschaftswege steuern auf den Boxberg bei Aukrug zu, bevor an der Eider das Ziel naht.

Set-Up: Roland

Finns Wecker klingelte um 4:30. Er wollte an jenem Tag Kiel unbedingt erreichen. Während Niklas noch den dänische Dschungel vor sich hatte, kämpfte sich Finn bei Regen durch die Hüttener Berge. Gegen 20 Uhr rollte er glücklich als erster Hackenpedder-Finisher am Kieler Hafen ein.

Steffi: “Als ich gefragt habe, ob ich auch mit Schlafsack auf der Veranda schlafen kann, weil ich keinen Bock hatte, mein Zelt aufzubauen, habe ich im ausgebauten Dachgeschoss ein Bett mit Stromanschluss bekommen. Besser als alleine im Wald im Shelter mit Angst vorm Axtmörder🤣

Niklas und Steffi waren nun die letzten auf der langen Route, während Daniel und Sirid am Nachmittag des 5. Tages erfolgreich in Kiel ihren SHORTCUT beendeten.

Tag #6-8 (Danke KM 700-1058)

Erschöpft aber glücklich erreichte Niklas genau einen Tag nach Finn Kiel und konvertierte zum zweiten Finisher der langen Route. Steffi hingegen wollte die Route genießen und kürzte hier und da ein Stück ab, um so wie geplant am Samstag in Kiel anzukommen.

Eugen: “Es war eine grandiose Route! Ich habe das allermeiste geliebt. Etwas weniger Sand? Aber nein, dann würde auch viel Schönes wegfallen. Dann lieber während der Tour den Sand manchmal verfluchen 😉 ”


Redaktionelle Mitarbeit: RadelnderReporter

Finisher Hackenpedder Route 2023

Finn 1058 KM4 Tage, 10 Stunden
Niklas 1058 KM5 Tage, 10 Stunden
Steffi930 KM7 Tage, 8 Stunden

Finisher Hackenpedder Shortcut 2023

Philipp570 KM1 Tag, 15 Stunden
Insa570 KM3 Tage, 10 Stunden
Moritz570 KM3 Tage, 14 Stunden
Daniel570 KM4 Tage, 5 Stunden
Sirid570 KM4 Tage, 6 Stunden
Philipp im Ziel (1 Tage, 15 Stunden)